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Abflugort ist auch Klageort

Reisende haben bei Flugverspätungen entsprechend den Voraussetzungen der Fluggastrechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 einen Anspruch auf Entschädigung gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dazu am 26.03.2020 in seinem Urteil (Az. C-215/18) entschieden: Wer über ein Reisebüro einen Flug als Teil einer Pauschalreise bei einer ausländischen Fluggesellschaft bucht, muss diese nicht an ihrem Firmensitz verklagen, sondern dürfe auch am Abflugort vor dem zuständigen Gericht klagen.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin eine Pauschalreise bei einem tschechischen Reisebüro gebucht, die sich aus dem Flug von Prag nach Island und der dortigen Unterbringung zusammensetze. Der Hinflug mit einer dänischen Fluggesellschaft startete mit mehr als vier Stunden Verspätung. Die Klägerin hatte gegen die dänische Fluggesellschaft bei einem Gericht in Prag die Klage auf Ausgleichszahlung in Höhe von 400 € erhoben.

Das Prager Gericht hatte jedoch Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, da diese gegen ein Unternehmen aus der EU in der Regel – sofern keine Vertragssache vorliegt – in dem Land erhoben werden muss, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Ob dem Klageverfahren aber ein Vertragsverhältnis zugrunde lag, war zweifelhaft, da die Klägerin nicht direkt mit der Airline den Vertrag geschlossen hatte, sondern mit dem Reisebüro.

Über diesen Fall hatte sodann der Europäische Gerichtshof zu entscheiden und stellte fest, dass Fluggäste unter bestimmten Voraussetzungen ihren Anspruch auch bei einem Gericht im Abflugland geltend machen können. Es wurde entschieden, dass eine Airline auch dann als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung angesehen werde, wenn sie einen Fluggast im Namen eines Dritten – hier also des Reisebüros – befördert. Daher könne sich die Reisende in diesem Fall auch auf die Rechte aus der Fluggastrechte-Verordnung berufen, obwohl sie keinen direkten Vertrag mit der Fluggesellschaft hatte.

Das Luftfahrtunternehmen sei die Verpflichtungen aus der Fluggastrechte-Verordnung auf jeden Fall gegenüber dem Reisebüro als direktem Vertragspartner freiwillig eingegangen. Diese Verpflichtungen finden ihren Ursprung in dem Pauschalreisevertrag, den der Fluggast mit dem Reisebüro geschlossen hat Insofern liegt also eine Vertragssache vor, die die Zulässigkeit der Klage vor einem Gericht am Abflugort begründet.

Diese Entscheidung bindet in gleicher Weise auch andere nationale Gerichte in ähnlichen Fällen.